Landwirtschaft als Thema im Oberstufen-Unterricht

58 Betriebsleiter/-innen und Mitarbeitende nahmen an der ersten Fachtagung im Rahmen der aktuellen EULLE-Maßnahme in Bad Kreuznach teil. Schwerpunktthema bildete die Verknüpfung des außerschulischen Lernangebots auf den Bauern- und Winzerhöfen mit den Lehrplänen der weiterführenden Schulen.

Kindern und Jugendlichen ein realistisches Bild der heutigen Landwirtschaft und der Lebensmittelerzeugung zu vermitteln - das ist für das Land Rheinland-Pfalz ebenso wichtig wie für die landwirtschaftlichen Verbände und Betriebe. Seit März 2018 ist die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (LWK RLP) mit der Umsetzung der EULLE-Maßnahme Lernort Bauernhof (LOB) beauftragt. Bis Februar 2022 ist die Förderung der außerschulischen Unterrichtseinheiten sicher gestellt. Maria Caesar, LWK RLP, stellte die aktuellen Zahlen vor. Derzeit bieten 57 Betriebe Angebote für Schulklassen an. Von März bis Dezember 2018 wurden genau 200 außerschulische Unterrichtseinheiten gefördert und dadurch 3.699 Schülerinnen und Schüler erreicht. Am häufigsten kommen Grundschulklassen auf die Betriebe. Die Fachtagung gab Anstöße, die Lernangebote für Oberstufen auszubauen. Dass es vielfältige Anknüpfungspunkte zum Oberstufenunterricht gibt, zeigten Ruth Bartholomé und Daniel Kreußer auf. Beide sind Lehrkräfte an Gymnasien und zudem ‚Berater/in Bildung für nachhaltige Entwicklung‘. Zunächst erarbeiteten sie mit den Teilnehmenden die Kernpunkte der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Anhand der Lehrpläne stellten sie konkrete Themen vor, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb praktisch bearbeitet werden können. „Die praktischen Erfahrungen auf den Betrieben bereichern jeden Unterricht“, betonten beide. „Der Unterricht beschränkt sich auf die Vermittlung von Theorie. Das Umsetzen in praktisches Handeln kann auf den landwirtschaftlichen Betrieben beispielhaft vermittelt werden.“ Im Fach Ethik bietet sich das Thema ‚Fairness im Tierreich‘ an, um den Ursprung der Moral zu beleuchten. In Interviews mit älteren Generationen können im Fach Sozialkunde Themen wie  ‚Die Stellung der Frau‘ sowie ‚Der Wandel der Landwirtschaft durch Technisierung‘  erforscht werden. Im Fach Erdkunde können die Klimabeobachtung, die Bestimmung von Bodentypen und ihre Nutzungseignung bearbeitet werden. Ebenso bietet sich ein Vergleich von zwei Betrieben unterschiedlicher Produktionsrichtung an. In Biologie können die Jugendlichen durch Tier- und Pflanzenbestimmungen ihre Artenkenntnisse erweitern. Das Verständnis für regenerative Energien kann durch praktische Vorführungen erhöht werden. Auch das Fach Informatik bietet Anknüpfungspunkte. So können Leistungskurse durchaus eine Software entwickeln, die eine Drohne zur Landvermessung steuert.
Lehrkräfte suchen sich die LOB-Betriebe auch danach aus, ob der Betrieb mit der Schulklasse leicht zu erreichen ist. Zur Finanzierung werden Fördervereine oder Betriebe und Banken vor Ort angefragt. „Die Mundpropaganda durch Kollegen spielt eine wichtige Rolle!“ betonten die Referenten. „Manche Lehrkräfte kennen den Lernort Bauernhof nicht. Fragen Sie in den Schulen an, ob Sie bei einer Fachkonferenz Ihr Angebot vorstellen können. Dazu ist ein methodisch ausgearbeitetes Konzept erforderlich. Dann wissen die Lehrkräfte, was sie erwartet.“  Im Rahmen der EULLE-Maßnahme werden vermehrt Fortbildungen für Lehrkräfte und Lehramtsstudierende angeboten, um das LOB-Angebot bekannter zu machen.
Annika Gill, Bodenheim, stellte in ihrem Bericht erste Erfahrungen mit einem Leistungskurs Erdkunde in ihrem Milchviehbetrieb vor. Das Interesse an der digitalen Ausstattung war sehr groß. Aber auch die älteren Schülerinnen und Schüler kennen wenig über Aufzucht, Haltung und Fütterung und waren entsprechend mit Neugier bei der Sache. Martina Weber, Betrieb Vulkanhof Ziegenkäserei in Gillenfeld, berichtete von einem Schulprojekt einer 12. Klasse. Das Thema lautete ‚ Regionaler Wirtschaftskreislauf – sensibilisieren für die Heimat‘. Martina Weber arbeitet mit Lernstationen, so dass auch größere Klassen immer etwas selbst auf dem Ziegenhof tun können. Ihr außerschulisches Lernangebot beginnt mit dem Bodenprofil der Eifel und reicht über das Käsen bis zum Melken einer (Holz-) Ziege.  Das Thema Digitalisierung nahm Dr. Theresa Scheu, Hofgut Neumühle, in den Blick. Bei der Unterrichtseinheit knüpft sie an die Lebenswelt der Jugendlichen an. Mit dem Smartphone wird sofort ein Selfie im Milchviehstall gemacht – und schon kommt Dr.  Scheu ins Gespräch und zeigt, was ihr Handy und elektronische Aufzeichnungen für den Betriebsablauf bedeuten und wo und weshalb digitale Messgeräte im Milchviehstall zum Einsatz kommen. 

Hintergrundinformationen:
Mit „Lernort Bauernhof“ schafft das Land Rheinland-Pfalz ein außerschulisches Lernangebot auf Bauern- und Winzerhöfen für Schülerinnen und Schüler aller Klassen- und Schulstufen an allgemeinbildenden Schulen im ganzen Land. Die Maßnahme wird im Rahmen des rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramms „Umweltmaßnahmen, Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft, Ernährung“ (EULLE) vom Land, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des Ländlichen Raumes (ELER) finanziert. Die Landwirtschaftskammer RLP wurde mit der Umsetzung beauftragt und organisiert die Schulungen für Betriebsleiter/innen, bietet Fortbildungen für Lehrkräfte an und ist für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Die Fachtagung wurde in Kooperation von Pädagogischem Landesinstitut und LWK organisiert.  

Informationen für Lehrkräfte, Betriebe und Interessierte finden sich im Internet unter www.lernort-bauernhof-rlp.de